Der Mord an George Floyd erschüttert die USA.
Kaum hat ein solches öffentliches Ereignis stattgefunden und ist über Medien und asozialen Medien verbreitet worden, tauchen Verschwörungstheorien auf wie Fliegen auf einem frischen Kuhfladen. Das geht blitzschnell, weil die meisten Verschwörungsgläubigen ihre Puzzleteile schon bereit haben. Das neue Ereignis muss nur in das bestehende Konstrukt eingebaut werden.
Ein reichweitenstarker YouTube-Verschwörungskanal behauptet, George Floyd sei gar nicht tot und der gesamte Vorfall inszeniert. Diese Verschwörungserzählung tauchte in tausenden Twitter- und Facebook-Postings auf. Es ist nicht das erste Mal, dass rechte bis rechtsextreme Agitatoren ein Ereignis als Erfindung brandmarken. Ähnliches war beispielsweise bereits nach dem Amoklauf an der Sandy Hook High School geschehen.
Mit von der Partie ist auch der berüchtigte Alex Jones. Er veröffentlicht auf seiner Plattform „Infowars“ eifrig zur Causa Floyd und unterstellt dem Getöteten, Drogen dabei gehabt zu haben.
Und immer wieder George Soros – ein Lieblingsfeind der Verschwörungstheoretiker
Auch schon bestehende Verschwörungstheorien finden ihren Eingang in die Onlinedebatte um die Ermordung von George Floyd . Über 100.000 Postings, in denen der jüdische US-Philanthrop George Soros zum Urheber der Proteste erklärt wurde, konnten inzwischen identifiziert werden.
Entsprechende Falschnachrichten wurden auch von manchen Politikern geteilt, zum Beispiel vom deklarierte Trump-Fan Sid Miller, Landwirtschaftskommissar im Bundesstaat Texas:
„Ich habe keinen Zweifel daran, dass George Soros diese sogenannten ’spontanen Proteste‘ finanziert.“ Soros sei das „pure Böse“ und wolle die USA zerstören, schrieb Miller. Eine Sprecherin des Milliardärs hat derlei Behauptungen inzwischen zurückgewiesen. Soros ist bereits seit längerer Zeit ein grosses Feindbild für rechtsextreme Gruppierungen und Politiker. Unter anderem wurde ihm von diesen Kreisen auch unterstellt, 2015 Flüchtlingsströme nach Europa gelenkt zu haben (siehe dazu: Der Grosse Austausch). Der türkische Präsident Erdogan wiederum titulierte George Soros 2018 als Hintermann der Gezi-Proteste. Häufig schwingen dabei antisemitische Motive durch, sprach etwa Erdogan wörtlich vom „berühmten ungarischen Juden“. Immer wieder wird Soros auch vom ungarischen Premier Viktor Orban als Bedrohung ins Feld geführt.
Der Mord an George Floyd als „False-Flag-Operation diffamiert
Bezüglich der Proteste anlässlich des Mordes an George Floyd hat Twitter ausserdem eine perfide False-Flag-Operation aufgedeckt. Unter einem Konto mit dem Namen „Antifa US“ hatten Rechtsextreme offenbar in einer Reihe von Nachrichten die Stimmung weiter angeheizt. Unter anderem riefen sie Protestierende dazu auf, in Wohngegenden zu marschieren und sich „zu nehmen, was uns gehört“.
„Die Antifa“ war von Trump immer wieder als Feindbild hingestellt worden. Sie dient auch rechten Parteien in anderen Ländern als beliebte Zielscheibe. Hinter diesem mittlerweile stillgelegten Twitter-Konto stecken jedoch keine linken Aktivisten, sondern offenbar das rechtsextreme American Identity Movement, vormals bekannt als „Identity Evropa“. Aufgetaucht war zudem ein „Antifa-Handbuch“, bei dem es sich allerdings um eine schon seit 2015 bekannte Fälschung handelt. Twitter sperrte hunderte Spam-Accounts, die Falschinformationen zu den Protesten weiterverbreitet hatten.
Quelle:
Soros und Fake-Antifa: Desinformation zu US-Protesten blüht im Netz (Der Standard)
Immer wieder George Soros. Für fast alles, was rechte Verschwörungsideologen stört, dient George Soros als Sündenbock. Der mehr als 90jährige muss übernatürlich Kräfte haben….
Darin steckt nicht nur eine Portion Antisemitismus, sondern wohl auch eine modernisierte und säkularisierte Form des Teufelsglaubens. Im Zuge der Coronakrise ist das Feindbild George Soros allerdings durch das Feindbild Bill Gates in den Hintergrund geraten. Beide Feindbilder dienen der Komplexitätsreduktion. Sie machen unübersichtliche, schwer durchschaubare Situationen scheinbar verständlicher.
Darüber hinaus ist es eindrücklich und widerlich, wie rasch rechtsextreme Verschwörungstheoretiker ein Verbrechen wie den Mord an George Floyd politisch instrumentalisieren.