Wikipedia ist einer der Lieblingsfeinde von Verschwörungstheoretikern, aber auch von Rechtspopulisten, Rechtsradikalen, Propagandisten und Demagogen aller Art. Sie hassen das Portal, weil es ihre Weltsicht nicht teilt oder sie gar in Frage stellt.
An diesem Punkt ist allerdings Differenzierung nötig:
Die Artikel auf Wikipedia sind in sehr vielen Bereichen eine gute erste Informationsquelle. Wobei ihre Qualität und Aktualität durchaus unterschiedlich sein kann.
Und selbstverständlich kann Wikipedia auch kritisiert werden. Das sollte aber möglichst präzis und an Fakten orientiert geschehen.
Mehr zum Thema Kritik hier:
Verschwörungsgläubige greifen Wikipedia jedoch in aller Regel nicht mit konkreten Argumenten und Belegen an, sondern mit Unterstellungen, Diffamierungen und Pauschalisierungen. Derart polemische Vorwürfe sind zu mindestens ein starker Hinweis dafür, dass man sich die Personen, die sie äussern, genau und kritisch ansehen sollte.
Wer sagt das? Welche Interessen verfolgt diese Person?
Verschwörungstheoretiker versuchen bei ihren Themen oft sehr aggressiv, auf die Inhalte von Wikipedia Einfluss zu nehmen. Das ist grundsätzlich möglich, weil prinzipiell jeder und jede dort mitschreiben kann. Dazu gibt es aber bei Wikipedia auch Einschränkungen und Regeln, die der Qualitätssicherung dienen. Daran scheitern Einflussnahmen oft (aber nicht immer). Bei politisch oder weltanschaulich hart umstrittenen Begriffen kommt es oft zu langanhaltenden Auseinandersetzungen im Hintergrund der Plattform.
So hat zum Beispiel Daniele Ganser seine Anhängerinnen und Anhänger öffentlich dazu aufgerufen, den Eintrag zu seiner Person immer wieder in seinem Sinne zu verändern. Das Scheitern dieses Manipulationsversuchs hat zu einer ganzen Reihe von Diffamierungen gegenüber Wikipedia geführt. So wurde beispielsweise in einem Video behauptet, Wikipedia sei von «linksextremen Antideutschen» unterwandert, wodurch sich Verschwörungsdenken selber sehr schön zeigt.
Mehr dazu siehe:
Daniele Ganser und die deutschsprachige Wikipedia (Psiram)
Verschwörungsgläubige stellen Wikipedia gern ins Lager der Verschwörer
Verschwörungsgläubige neigen zur Unterstellung, dass Wikipedia selber zu den Verschwörern gehört, oder, wenn es um Alternativmedizin geht, dass die Mitarbeitenden von der «Pharmamafia» gekauft sind (Pharmaverschwörung). Durch diese Erweiterung der Verschwörer wird die Verschwörungstheorie vor In-Frage-Stellung abgeschirmt.
Weil Wikipedia für viele Themen eine gute, rasch zugängliche und zudem kostenfreie Informationsquelle ist, wird das Portal entsprechen intensiv genutzt. Ein grosser Teil der Nutzerinnen und Nutzer ist allerdings nur schwach oder gar nicht über Entstehungsweise, Ziele und Funktionsweise dieses Angebots im Bilde.
Es wäre aber sinnvoll, eine so oft genutzte Informationsquelle mindestens in ihren Grundzügen zu verstehen (Entstehungsgeschichte, Stärken und Schwächen, aktuelle Probleme, Unterstützungsmöglichkeiten).
Dazu gibt es bei der Bundeszentrale für politische Bildung (BpB) ein Dossier zum Thema Wikipedia.
Zur deutschsprachigen Wikipedia gibt es Unterstützervereine, auf deren Websites weitere Infos zu finden sind:
Deutschland: https://www.wikimedia.de/
Österreich: https://www.wikimedia.at
Schweiz: https://wikimedia.ch/de/
Wikipedia ist ein wertvolles Projekt. Der ernsthafte Versuch, unabhängig von Propaganda, Desinformation und Marketing möglichst neutrale, sachliche Information zur Verfügung zu stellen, ist sehr unterstützenswert.
Dass das nicht immer fehlerfrei gelingen kann, liegt auf der Hand. Dass Propagandisten, Marketingleute und Lobbyisten gegen jede von ihnen unabhängige Darstellung Sturm laufen, überrascht auch nicht.
In einer Welt, in der Propaganda und Desinformation laufend mehr Bedeutung bekommen, ist das Ringen um die unabhängige Darstellung von Sachverhalten aber auch für die Stärkung von Demokratie und Rechtsstaat wichtig.
Deshalb ist die pauschale Diffamierung des Online-Nachschlagewerks ausgesprochen fragwürdig. Im Gegenteil: Dieses Projekt sollte unterstützt werden, damit es seine Unabhängigkeit verteidigen und seine Qualität wo nötig verbessern kann.