Mit der Corona-Schutzimpfung wird uns ein Mikrochip implantiert, mit dem man uns überwachen und steuern kann. Schon gewusst?
Diese absurde Verschwörungstheorie hat sich inzwischen in Impfgegner-Kreisen fest etabliert. Nicht jeder Impfgegner denkt so, aber viele.
Und die Falschinformation wird auch im Netz fleissig geteilt. Wie es halt mit aufwühlenden, Angst machenden Meldungen vorzugsweise geschieht, während sachliche, korrekte Informationen in den (a)sozialen Medien kaum vom Fleck kommen. Wenn anscheinend Gefahr droht, sind wir hellwach und wollen unsere Freunde im Netz warnen. Die Gruselstorys der Impfgegner werden deshalb engagiert verbreitet.
Die Spiesse zwischen Falschmeldungen und korrekten Informationen sind alles andere als gleich lang.
Das Ausmass des Problems verdeutlicht eine Aussage des Wissenschaftlers Hany Farid. Der Professor an der Fakultät für Computerwissenschaften und der School of Information der Universität Berkeley in Kalifornien ist Experte für Falschinformation und Deepfakes. Im Gespräch mit der NZZ erklärt er:
«Wir haben eine globale Studie durchgeführt, bei der wir die Leute zu ihrem Grundwissen über Covid-19 befragt haben – 20 Aussagen, die klar falsch waren, und 20, die richtig waren. Die Tiefe und Breite der Falschinformation war verblüffend und weltweit gleich. 20 Prozent der Leute glauben, Bill Gates wolle ihnen einen Mikrochip einsetzen. 20 Prozent!»
Fakten zur Mikrochip-Verschwörungstheorie
Die Ängste und das Misstrauen von Menschen, die von der Mikrochip-Gruselgeschichte überzeugt sind, wird man mit Fakten allein nicht überwinden können. Trotzdem ist es wichtig, Argumente bereit zu halten. Dabei gilt es zwei Bereiche zu beachten:
Erstens: Wie soll das technisch genau gehen mit der Mikrochip-Implantation?
Zweitens: Woher kommt die Mikrochip-Story und wer verbreitet sie?
1.) Zur technischen Ebene:
Die allermeisten Menschen, die sich vor Mikrochips in Corona-Impfungen fürchten, haben von Mikrochips keine Ahnung. Durch präzises Nachfragen kommen sie rasch ins Schleudern: «Kannst Du mir genauer erklären, wie das chippen geht? Was ist ein Mikrochip? Wie funktioniert er? Wie und wo wird er implantiert?»
Dass zeitgleich mit einer Impfung ein Mikrochip eingepflanzt werden könne, sei völliger Unsinn, «technisch gar nicht möglich» und «reinstes Hollywood-Denken». Das sagt der Wirtschaftswissenschaftler Patrick Kramer, dessen Unternehmen Chips implantiert, gegenüber RP-ONLINE. Impfstoffe gelangen üblicherweise intramuskulär, also über einen Muskel in den Körper, während spritzbare Mikrochip-Implantate subkutan, also unter der ersten Hautschicht, eingesetzt werden. „Implantate haben in einem Muskel nichts zu suchen“, erklärt Kramer. Abgesehen davon sei Bespitzeln auf diesem Weg rein technisch schon gar nicht möglich, weil der Mikrochip im Implantat keine eigene Energiequelle besitze. Implantate könnten von sich aus deshalb keine GPS-Daten verschicken.
Damit der Chip gescannt werden könnte, müsste ein Lesegerät an das Implantat geführt werden. „Nur dann sendet das Lesegerät ein elektromagnetisches Feld aus, dass dem Implantat ausreichend Energie übermittelt, um die Inhalte zu übertragen“, erklärt Kramer. Darum ist auch ein Datenklau nahezu unmöglich, stellt der Experte klar: „Dazu müsste jemand genau wissen, wo das Implantat liegt und an dieser Stelle mit dem Lesegerät Hautkontakt haben“.
In sozialen Medien zirkulieren Videos, in denen Menschen mit einem an der Einstichstelle haftenden Magneten beweisen wollen, dass sie nach der Impfung magnetisch geworden sind. Das soll belegen, dass an dieser Stelle ein Mikrochip implantiert wurde. FOCUS Online hat dazu Jürgen Lindner vom Helmholtz-Zentrum Dresden-Rossendorf befragt. Der Experte leitet seit 2012 die Abteilung Magnetismus und forscht seit über 20 Jahren an magnetischen Phänomenen. Er erklärt, dass Mikrochips gar nicht magnetisch sind, sondern aus Silizium bestehen, einem nicht-magnetischen Stoff.
Ein Magnet-Test wie er in den Videos gezeigt wird, wäre also gar nicht geeignet, um einen Mikrochip im Körper nachzuweisen. Diese Verschwörungstheorie enthalte einen Denkfehler, sagt Lindner. Ausserdem bezweifelt er, dass man einen Mikrochip durch eine Nadel bekommt, wie sie bei der Corona-Impfung verwendet wird. Denn Mikrochips für den Einsatz bei Haustieren sind etwa so gross wie ein Reiskorn. Die Nadeln, mit denen sie injiziert werden, sind deutlich breiter als Nadeln, die zur Corona-Impfung angewendet werden. Der gegenwärtige Rekord für einen möglichst kleinen Mikrochip liege bei knapp unter einem Millimeter: „Das kann man nicht durch so eine Nadel injizieren.“ Laut Lindner ist ein Mikrochip, der unsichtbar in einer klaren Flüssigkeit schwimmt und mit einer winzigen Impfnadel injiziert wird, gegenwärtig nicht herstellbar.
2. Und im Hintergrund steuert Bill Gates…
Nun zur Frage, woher die Mikrochip-Story kommt und wer sie verbreitet. Und hier kommt wieder einmal Bill Gates ins Spiel. Der Microsoft-Gründer war auch schon vor der Corona-Pandemie für viele Impfgegner und Verschwörungstheoretiker ein beliebtes Feindbild. Gates soll nicht nur hinter der Corona-Pandemie stecken, sondern auch hinter dem Impfstoff. Er soll die Zwangsimpfung der Bevölkerung vorantreiben und die damit durchzuführende Mikrochip-Implantation. Dass ein Mensch all diese Vorgänge steuern und in der Hand haben kann, setzt ein hochgradig mechanistisches Welt- und Menschenbild voraus, das vollkommen unrealistisch ist. Mehr dazu hier: Mechanistisches Weltbild der Verschwörungstheoretiker.
Die Gruselgeschichte setzt sich, wie oft bei Verschwörungsgläubigen, zusammen aus einem falsch übersetzten Zitat und fehlinterpretierten Aussagen von Gates. Diese Puzzleteile werden so zusammengesetzt, dass sie die vorher schon feststehende Überzeugung stützen, dass Bill Gates dahintersteckt. Wer sich für den detaillierten Faktencheck dazu interessiert, findet ihn auf Mimikama.
Verbreitet hat sich die Gruselgeschichte zunächst hauptsächlich in amerikanischen Medien und Netzwerken, unter anderem durch die ominöse QAnon-Sekte, die in verschiedenen Internetforen Verschwörungstheorien mit rechtsradikalem Hintergrund streut. In Deutschland wurde sie massgeblich durch den Verschwörungsideologen und Demagogen Ken Jebsen gestreut: Auf seinem Youtube-Kanal veröffentlichte er ein Video mit dem Titel „Gates kapert Deutschland“, in dem er dem Microsoft-Gründer die Umsetzung einer weltweiten Impfpflicht inklusive Mikrochipping vorwirft. Das Video strotzt nur so von Lügen und Verschwörungstheorien und ein wichtige Frage dazu lautet:
Was hat Ken Jebsen davon, derartig krasse Falschinformationen zu verbreiten? Empörungsbewirtschaftung?
Delegitimierung demokratischer Institutionen?
Hier zerpflückt WALULIS das Video „Gates kapert Deutschland“ von Ken Jebsen (14.20 Minuten):
Quellen zum Beitrag über Mikrochip-Implantate:
Will Bill Gates die Weltbevölkerung mit Mikrochip-Implantaten dezimieren? (RP-ONLINE)
Arm nach Corona-Impfung magnetisch? Nein, wir bekommen keine Mikrochips eingesetzt (Focus online)