Der italienische Staatsmann Niccolò Machiavelli (1469 – 1527) hat in seinem Werk interessante Gedanken geäussert zu Verschwörungen. Er hat die Schwierigkeiten auf den Punkt gebracht, die einer erfolgreichen Verschwörung entgegenstehen.
Niccolò Machiavelli wurde im Jahre 1513 einer Verschwörung gegen das Herrscherhaus der Medicis beschuldigt. Er kam ins Gefängnis und wurde gefoltert. Die Vorwürfe waren höchstwahrscheinlich unbegründet. Ob sie aus einer Intrige gegen ihn entstanden sind oder ob die echten Verschwörer nur seinen Namen benutzten, um Anhänger zu gewinnen, ist ungeklärt.
Machiavelli kannte sich mit Verschwörungen aus
Machiavelli dürfte also gewusst haben, wovon er sprach, als er in seinen Büchern auf die Voraussetzungen für eine erfolgreiche Verschwörung hinwies.
Er schrieb dazu:
„Das einzige Mittel, der Entdeckung zu entgehen, ist es, den Mitverschwörern keine Zeit zu lassen, das Komplott zu verraten.“
Je länger also eine Verschwörung dauert, desto nervöser werden die beteiligten Verschwörer und desto größer ist die Gefahr, dass sie sich unabsichtlich verraten oder einer zur Polizei geht.
Denn wer sich zuerst den Behörden offenbart, hat die Chance, mit einer milderen Strafe oder sogar einer Strafbefreiung davonzukommen.
Daraus lässt sich laut Machiavelli eine weitere Regel ableiten:
„Vor der Entdeckung einer Verschwörung kann man sich nicht schützen, wenn die Anzahl der Mitwisser drei oder vier übersteigt.“
Er war auch überzeugt davon, dass es nicht gerade einfach ist, eine Verschwörung erfolgreich abzuschließen:
„Viele Verschwörungen werden unternommen, aber nur wenige gelingen.“
Das ist jedoch kein Grund zur Entwarnung für die Fürsten:
„Durch sie [eine Verschwörung] haben mehr Fürsten Leben und Herrschaft verloren als durch offenen Krieg; denn offenen Krieg können nur wenige mit einem Fürsten führen, gegen ihn verschwören kann sich jeder.“
Trotzdem gelingen manchmal auch große Verschwörungen. Julius Caesar wurde Opfer eines Komplotts, das mindestens 50 Römer über mehr als einen Monat geplant hatten. Erst am Tage seiner Ermordung bekam er einen Hinweis darauf, doch kam er nicht mehr dazu, ihn zu lesen. Die Verschwörer erreichten jedoch ihr eigentliches Ziel nicht, die alte Republik wieder herzustellen. Caesars Gefolgsmann Marcus Antonius riss unmittelbar nach Caesars Tod die Macht an sich, und die Verschwörer mussten aus der Stadt fliehen.
Verschwörungstheorien zeichnen kein realistisches Bild von Verschwörungen
Reale Verschwörungen kommen also durchaus vor, doch Verschwörungstheorien zeichnen meist kein realistisches Bild davon. Ihnen liegt vielmehr der Verdacht zugrunde, dass andere Gruppen heimlich für Misserfolge, Unglücke oder Verbrechen verantwortlich sein könnten.
Solche Verschwörungstheorien sind keine Erscheinung der Neuzeit, oder gar eine Folge der Ausbreitung des Internet. Bereits bei Naturvölkern ist dieses Phänomen gut bekannt. Weshalb erbeuten unsere Jäger seit Monaten kaum noch Wild? Ohne Zweifel: der verfeindete Nachbarstamm hat das Wild vertrieben oder verhext. Jede Fußspur, oder jeder eigenartig geformte Stein gilt als Beweis dafür. Und je stärker die Angehörigen des anderen Stamms ihre Schuld abstreiten, desto gewisser erscheint ihre Urheberschaft.
Quelle:
Verschwörungen und ihre Theorien, von Thomas Grüter, in Spektrum.de
Machiavellis Zitate zeigen gut, dass Verschwörungen dann eine Chance auf Gelingen haben, wenn der Kreis der Eingeweihten möglichst klein und die Dauer der Aktion kurz ist. Und es läuft oft nicht so wie geplant. Die Verschwörer können nicht alles im Griff haben. Das Komplott gegen Julius Caesar ist dafür ein gutes Beispiel.
Der Schriftsteller Dean Koontz schreibt:
«Menschen sind unfähig, Verschwörungen im grossen Stil aufrechtzuhalten, da wir als Spezies nun einmal zur Ungenauigkeit im Detail und zur Panik neigen und einfach nicht den Mund halten können.» (Quelle: Novella, Bedienungsanleitung für Deinen Verstand, S. 232)
Mathematik zeigt Grenzen von Verschwörungen
In einem Aufsatz in der Fachzeitschrift PLOS One aus dem Jahr 2016 hat der Physiker David Grimes von der Oxford University mit Mitteln der Mathematik belegt, wie lange es dauert, bis eine gross angelegte Verschwörung von Insidern aufgedeckt wird. Er hat dazu reale Verschwörungen untersucht, die aufgeflogen sind. Aus der Zahl der Eingeweihten und der Zeit bis zum Auffliegen leitete er eine Formel ab, mit der sich errechnen lässt, wann ein Schwindel auffliegen müsste. Bei der Verschwörungstheorie mit der inszenierten Mondlandung kommt er damit bei 411.000 Mitwissern (damaligen Mitarbeitern der NASA) auf 3,68 Jahre. Verschwörungen mit mehr als 1000 Mitwissern haben nach Grimes praktisch keine Chance, über längere Zeit unentdeckt zu bleiben.
Bei der angeblichen Verschwörung betreffend der menschengemachten Klimaerwärmung schätzt Gimes die Zahl der nötigen Mitwisser auf 400.000 (so viele Menschen gehören, grob überschlagen, beteiligten Forschungsinstitutionen an). Schon nach 3,7 Jahren hätte hier jemand Alarm schlagen müssen. Und wenn 9/11 wirklich ein Inside-Job der Regierung oder der Geheimdienste gewesen wäre, hätte es dazu eine mindestens fünfstellige Zahl an Mitwissern gebraucht.
Machiavelli weist also mit gutem Grund darauf hin, dass Verschwörungen umso leichter auffliegen, desto länger sie dauern und desto mehr Mitwisser sie haben.
Quellen:
On the Viability of Conspiratorial Beliefs, David Robert Grimes (PLOS ONE)
https://doi.org/10.1371/journal.pone.0151003
„Verschwörungstheorien richten großen Schaden an“ (Geo)