Für Populisten gehört die Bewirtschaftung von Verschwörungstheorien zum Kerngeschäft. Besonders konsequent profiliert sich die FPÖ mit dieser Masche und baut dabei skrupellos Antisemitismus ein. Mit ihrem Fokus auf Verschwörungstheorien lenkt die FPÖ erfolgreich von realen Problemen ab.
Walter Ötsch und Nina Horaczek schreiben dazu in ihrem Buch «Populismus für Anfänger»:
«In der FPÖ stehen Verschwörungsmythen hoch im Kurs. Unterschiedliche Versionen existieren einträchtig nebeneinander. ‘Fakte’ und Widersprüche spielen keine Rolle. Und das bereits seit Jahrzehnten. Als zum Beispiel im Jahr 1994 in Österreich eine Volksabstimmung über den EU-Beitritt des Landes abgehalten wurde, beschuldigte der damalige FPÖ-Chef Haider den damaligen Bundeskanzler Franz Vranitzky, er erfülle ‘ausserösterreichische Aufträge’:
‘Vranitzky ist ein Bilderberger – ich weiss, dass die Freimaurer da viel anschaffen.’»
Der ehemalige FPÖ-Chef Jörg Haider (1950 – 2008) spielte gern auf der Klaviatur der Verschwörungstheorien und schürte antisemitische Ressentiments. Nach seinem Unfalltod rückte er selber in den Blickpunkt von Verschwörungstheorien. Siehe: Haider Jörg, Verschwörungstheorien zum Unfalltod.
Als im Jahr 2000 die Regierungsbeteiligung der FPÖ weltweite Proteste hervorrief, beschuldigte Haider «hohe Funktionäre der jüdischen Gemeinde in Wien» als Drahtzieher, die versucht hätten, «beim State Departement in Washington gegen uns Stimmung zu machen». Im Erfinden von Sündenböcken war Haider Spitze.
FPÖ-Vizechef Norbert Hofer sorgt sich um Chemtrails
Im Jahr 2007 stellte Norbert Hofer, der damalige FPÖ-Vizechef und spätere Kandidat in der Bundespräsidentenwahl 2016, eine Anfrage im österreichischen Parlament an den Verteidigungsminister.: « Es gibt sowohl in den USA als auch in Europa Beobachtungen, denen zufolge sowohl durch zivile als auch durch militärische Flugzeuge bereits derartige Chemikalien in der Atmosphäre freigesetzt wurden. Die dadurch sichtbaren Chemiestreifen, die ähnlich aussehen wie gewöhnliche Kondensstreifen, werden auch als ‘Chemtrails’ bezeichnet.»
Bemerkenswert, um welche eingebildeten Probleme sich der Abgeordnete Hofer da kümmert.
Norbert Hofer unterstellte auch als Kandidat für das Amt des Bundespräsidenten nach der ersten Stichwahl im Frühjahr 2016 eine Art Verschwörung. Am Wahlabend gab es noch kein eindeutiges Resultat, weil die Stimmenzahl der beiden Kandidaten dafür zu nahe beieinander lag. Darum musste auf die Auszählung der Briefwahlstimmen am folgenden Tag gewartet werden. Doch bereits am Wahlabend verkündete Hofer in einer Ansprache vor seinen Fans: «Bei den Wahlkarten wird immer ein bisserl eigenartig ausgezählt.»
Die erste Stichwahl wurde schlussendlich aus formalen Gründen aufgehoben und die zweite Stichwahl musste aus technischen Gründen verschoben werden. Prompt witterte die FPÖ wiederum eine Verschwörung. Populisten sind überzeugt davon, dass sie, und nur sie, das Volk vertreten. Schneiden sie in einer Wahl schlecht ab, kann das in ihrem Weltbild deshalb nur an unlauteren Machenschaften liegen. Sie tun deshalb alles dafür, die Legitimität der entsprechenden Wahl zu untergraben. Nur wenn sie gewonnen haben, dann ist selbstverständlich alles mit rechten Dingen zugegangen. Damit ist Verschwörungstheorien Tür und Tor geöffnet. Donald Trump’s Grosse Lüge vom Wahlbetrug ist dafür nur ein besonders krasses Beispiel. Die Geschichte der FPÖ zeigt, dass solche Wahl-Delegitimierungs-Strategien zur Grundausstattung populistischer Parteien gehört.
Herbert Kickl als «Superspreader» von Verschwörungstheorien
Auch der ehemalige FPÖ-Innenminister Herbert Kickl ist ganz und gar von Verschwörungsmentalität durchdrungen. Im Jahr 2015 stellte er als Abgeordneter im österreichischen Parlament eine Anfrage an den damaligen Bundeskanzler Werner Faymann mit dem Titel: «Werner Faymann vermeintlich als Privatperson bei den Bilderbergern».
In einem Gespräch mit der «Kronen Zeitung» äussert der derzeitige FPÖ-Chef Herbert Kickl ein paar ziemlich verschwörungstheoretisch angehauchte Sätze:
☛ „Wir sind mittendrin in einem gigantischen, weltweit ausgerollten Experiment.“ Damit meint Kickl die Impfung gegen Corona. Corona-Verschwörungstheorien gehören bei ihm zum Kerngeschäft. Er äussert sich immer wieder in dieser Art.
☛ „Unsere Regierungspolitiker sind Marionetten eines internationalen Machtgefüges!“ Die Metapher vom «Marionetten-Theater» (Puppen-Theater) kommt in Verschwörungstheorien oft zur Anwendung.
☛“Die sitzen dort, weil sie von der internationalen Elite Befehlsausgabe bekommen.“ (Kickl zum Besuch einer IT-Konferenz von Sebastian Kurz in den USA). Hier stellt sich die Frage, wer mit «Die» gemeint ist. Hinter dem Geraune über „globale Eliten“ stecken häufig (antisemitische) Verschwörungstheorien.
Wenn schon das Spitzenpersonal der FPÖ derart von Verschwörungstheorien dominiert wird, dann erstaunt es nicht, dass auch die Anhängerinnen und Anhänger der Partei in dieser Richtung besonders «engagiert» sind. Das zeigt sich in den Kommentaren auf den Facebook-Seiten von Hofer, Kickl & Co. Hier sind Verschwörungstheorien stark präsent und explodieren je nach Aktualität geradezu.
Quellen:
Populismus für Anfänger, Walter Ötsch und Nina Horaczek, Westend Verlag 2017
Kickl: „Unsere Regierungspolitiker sind Marionetten eines internationalen Machtgefüges!“ (puls24)
Anmerkung:
☛ Zwischen Populismus und Verschwörungstheorien gibt es viele Verbindungen und Gemeinsamkeiten. Siehe dazu auch:
Verschwörungstheorien und Populismus
☛ Siehe auch:
Wie die FPÖ Rechtsextreme und Verschwörungstheoretiker finanziert