Der False Consensus Effekt besagt, dass wir unsere eigene Meinung, Einstellung oder Erfahrung in der gesamten Bevölkerung für stärker verbreitet annehmen, als sie ist. Der Begriff wurde in der Psychologie erstmals in den 1970er-Jahren beschrieben und ist weitreichend belegt. Der False Consensus Effekt (deutsch: falscher Konsensus-Effekt) steigert das Selbstwertgefühl. Er kann dazu führen, dass Menschen, die unserer Überzeugung nicht zustimmen, als irgendwie fehlerhaft oder gar bösartig aufgefasst werden, wenn sie den scheinbaren Konsens mit Gegenbeweisen stören.
Es gibt mindestens vier Gründe für unsere Unterstellung, dass andere unsere Meinungen und Einstellungen überproportional teilen – also für den False Consensus Efekt:
- Der Bubble- oder Umwelteffekt
Wir bewegen uns hautsächlich in einem uns ähnlichen Umfeld. Wer sich laufend mit Querdenkern trifft, überschätzt deren Masse und Rolle.
- Ähnlichkeiten sind auffällig
Wir registrieren zum Beispiel das eigene Auto stärker im Strassenverkehr als andere Modelle. Dadurch überschätzen wir seinen Anteil an der Gesamtmasse der Autos. Mit Meinungen geschieht das vergleichbar.
- Situative Attribuierung
Wir denken, dass unsere Meinung durch die Fakten bedingt ist, und nicht etwa durch uns selber – unsere Einstellungen, Vorurteile und Vorannahmen. Wenn doch die Fakten der entscheidende Grund sind für unsere Meinungen, denken wir, dass andere Leute aufgrund der Fakten zu gleichen oder ähnlichen Meinungen kommen.
- Die Nähe der eigenen Perspektive
Unsere eigene Perspektive fällt nicht einfach vom Himmel. Wir haben sie uns irgendwann einmal angeeignet oder erarbeitet. Es ist darum für uns leichter, unsere Sicht der Dinge zu sehen als sich in andere hineinzuversetzen.
Wir alle tendieren zum False Consensus Effekt
Der False Consensus Effekt ist ein typischer psychologischer Grund dafür, dass wir uns irren und falsch liegen. Und er betrifft uns alle.
Der False Consensus Effekt erklärt aber auch, warum Verschwörungsgläubige, Rechtspopulisten oder auch manche Prominente falsch liegen, wenn sie ihre eigene Meinung überbewerten. Er ist zudem ein Hinweis darauf, dass diese Menschen wirklich an die gemachten Aussagen glauben, auch wenn das Aussenstehenden ziemlich unwahrscheinlich vorkommt.
Der False Consensus Effekt dient als wichtiges Einfallstor für Verschwörungsglauben. Zu Beginn der verschwörungstheoretischen «Laufbahn» steht nämlich häufig die Beobachtung, dass die eigene Meinung nicht oder nur sehr wenig in den Medien oder in der Politik vorkommt. Das kann aus der Sicht von Verschwörungsgläubigen nicht sein, da sie davon überzeugt sind, dass ihre Meinung weit verbreitet ist. Eine Möglichkeit, mit dieser verwirrenden Feststellung umzugehen ist es dann, an eine Medien- bzw. Politikverschwörung zu glauben. So kommt es dann zur «Lügenpresse-Verschwörungstheorie» oder zum Gerede von den gesteuerten «Mainstreammedien».
Quelle:
YouTube-Kanal «Verschwörung & Fakten»:
False Consensus Effekt bei Welzer, Reichelt, Jebsen. Glauben die das wirklich? Psychologie.
(Video anschauen am Schluss dieses Beitrags)
Anmerkungen:
☛ Im Video-Beitrag wird der False Consensus Effekt illustriert an den Beispielen Julian Reichelt (Rechtspopulist), Harald Welzer (bekannter Publizist) und Ken Jebsen (Verschwörungsideologe).
☛ Der False Consensus Effekt dürfte auch eine bedeutende Rolle spielen bei den Wahlbetrugs-Verschwörungstheorien. Wir irrtümlicherweise davon überzeugt ist, dass seine politischen Haltungen von einer (schweigenden) Mehrheit der Bevölkerung geteilt werden, kann es nicht verstehen, wenn diese Positionen in Wahlen nur eine knappe und gar marginale Stimmenzahl bekommen. Dann liegt der Schluss nahe, dass etwas nicht mit rechten Dingen zu geht und dass geheime Mächte die Wahl manipuliert haben.
☛ Wer irrtümlich davon ausgeht, mit seinen Ansichten in einer satten Mehrheit eingebettet zu sein, wird auf Widerspruch und Kritik möglichweise überzogen aggressiv reagieren. Denn wer nicht einverstanden ist kann ja nur verblödet oder gar verrückt sein (ein Schlafschaf eben, wie es manche Verschwörungsgläubige auszudrücken pflegen….).