Der Arzt, Kabarettist und Moderator Dr. Eckart von Hirschhausen klärt unterhaltsam über medizinische Themen auf. In Bezug auf die Coronakrise hat er sich zum Thema «Verschwörungstheorien» geäussert:
„Die Regierung ist bisher nicht konsequent gegen Verschwörungstheorien und die ‚Infodemie‘ vorgegangen. Konkret: Wenn es im Netz heißt, wir sollten Desinfektionsmittel zum Schutz trinken, braucht es eine Stelle, die das zeitnah einordnen hilft. Lieber desinfiziert und informiert, als desinformiert und infiziert. Ich erlebe zwei Welten – eine offizielle und eine komplette Parallelwelt in den sozialen Medien. Das ist enorm gefährlich, weil sich psychologisch jeder die Informationen sucht, die zu seiner Weltsicht passen. Und die Algorithmen der Googles, Facebook und YouTubes dieser Welt verstärken und verzerren massiv zugunsten von Hass, Hysterie und Populismus. Von Menschen, die ich eigentlich für vernünftig gehalten habe, bekomme ich Videos weitergleitet mit den krudesten Typen und Botschaften. Auch Prominente beteiligen sich an der Verbreitung, bis hin zu Staatsoberhäuptern wie Trump und Bolsonaro, die eine antiwissenschaftliche Haltung weltweit salonfähig gemacht haben.”
Quelle:
Eckart von Hirschhausen:
Stimmen zum Aktionstag gegen Verschwörungsmythen und Antisemitismus (Amadeu-Antonio-Stiftung)
Statement Eckart von Hirschhausen:
Eckart von Hirschhausen beschreibt die «Infodemie» rund um Falschmeldungen und Verschwörungstheorien kompakt und zutreffend. In einem Gastbeitrag auf der Website der Helmholtz-Gemeinschaft Deutscher Forschungszentren e.V. beschreibt er genauer, was seiner Meinung nach nötig ist, um dieses Problem in den Griff zu bekommen. Daraus hier zwei Punkte:
Notwendigkeiten auf Seiten der Informationssender:
1.) Auf Seiten der Sender von Informationen fordert Eckart von Hirschhausen
«eine „zentrale schnelle Einsatztruppe“, die Trends im Netz frühzeitig erkennt und innerhalb von wenigen Stunden die Fehlinformationen benennt, zerlegt und zwar auf Augenhöhe und Waffengleichheit, d.h. auf den gleichen Plattformen, mit Bewegtbildern, guter Grafik, bekannten Sprecherstimmen etc. Zudem braucht es mehr Forscherinnen und Forscher, die intensiv für Talkshow-Situationen geschult werden, um dort sprachfähig zu sein: verständlich, bildstark und auf den Punkt.»
Damit spricht Eckart von Hirschhausen ein wichtiges Problem an: Lügen, Falschinformationen und Verschwörungstheorien verbreiten sich im Netz um ein Vielfaches schneller als korrekte Informationen oder Korrekturen von Falschinformationen. Das ist tatsächlich ein grosses Problem. Wie genau und von wem eine solche „zentrale schnelle Einsatztruppe“ aufgestellt werden könnte, ohne dass sie sogleich als staatliches Propagandaorgan abgestempelt wird, wäre aber wohl keine leichte Aufgabe.
Notwendigkeiten auf Seiten der Informationsempfänger:
2.) Eckart von Hirschhausen geht auch auf die Seite der Empfänger von Informationen ein und spricht dabei vor allem die Medienbildung an:
«Auf Seiten der Empfänger von Informationen müssen wir die „Bullshit-Resilienz“ erhöhen, d.h. von der Grundschule angefangen bis zur Politik dafür zu sorgen, dass ein stärkeres Wissen über Recherchewege, Bewertung von Quellen und die Verzerrungen und Denkfehler Allgemeingut werden. Wir haben alle gelernt, uns die Hände zu waschen, um keine Keime weiterzugeben. Wann lernen wir, auch auf den Handys Hygienestandards einzuhalten und keine toxischen Falschinformationen weiterzugeben?»
Quelle der Zitate:
Die Forderung nach Erhöhung der„Bullshit-Resilienz“ passt zum Titel eines lesenswerten Buches des Philosophen Philipp Hübl:
„Bullshit-Resistenz“ von Philipp Hübl
Mit «Bullshit» hat sich sonst der Philosoph Harry Frankfurt befasst. Das Wesen des Bullshits sieht Frankfurt in der fehlenden Verbindung zur Wahrheit, in der „Gleichgültigkeit gegenüber der Frage, wie die Dinge wirklich sind.“
Hier eine Zusammenfassung:
Zu den Verschwörungstheorien rund um die Corona-Pandemie gibt es eine Zusammenfassung in der Enzyklopädie: