In den USA zeigen sich die Folgen der Trump’schen Verschwörungstheorien: Drohungen gegen Wahlhelfer und Wahlbehörden. Während Donald Trump die faktenfreien Betrugsvorwürfe bekräftigt, erhalten Beamte Gewaltdrohungen. Der leitende Wahlmitarbeiter Gabriel Sterling in Georgia fürchtet, dass die Situation eskalieren könnte. und richtet sich direkt an den US-Präsidenten:
«Zeigen Sie Größe, hören Sie auf. Schreiten Sie ein, sagen Sie Ihren Unterstützern: Seid nicht gewalttätig. Hört auf zu drohen. All das ist falsch, es ist nicht amerikanisch«, forderte Gabriel Sterling in einer Erklärung vor der Presse in Atlanta.
An Trump gerichtet, erklärte der Beamte: «Sie haben das Recht, vor Gericht zu ziehen.» Doch Trump sei offenbar nicht in der Lage »damit aufzuhören, Menschen dazu zu bringen, mögliche Gewalttaten zu begehen«. Und er warnte unmissverständlich:
«Jemand wird verletzt werden. Jemand wird angeschossen werden. Jemand wird getötet werden.»
Sterling zeigte sich wütend wegen der Drohungen, die mit der Wahl befasste Personen in dem südlichen Bundesstaat über sich ergehen lassen mussten. Er warf Trump und Senatoren vor, dass sie Drohungen nicht verurteilten.
Es gehe um Wahlen und damit um das Rückgrat der Demokratie, erklärte der Beamte: «Alle von Ihnen, die kein verdammtes Wort gesagt haben, haben sich mitschuldig gemacht….Morddrohungen, Gewaltandrohungen, Einschüchterungen. Das ist zu viel.»
Drohungen auch gegen die Familie
Donald Trump und seine Vertrauten machen mit ihren Verschwörungstheorien vom Wahlbetrug seit Wochen Stimmung gegen die Wahlverantwortlichen in Georgia, zum Beispiel gegen den republikanischen Staatssekretär Brad Raffensperger, der nach eigenen Angaben Morddrohungen erhalten hat. Er hatte nach eigenen Angaben bei der Wahl im November selbst Trump gewählt. Später trat er jedoch Berichten über Fälschungen, die Trump verbreitete, entgegen. Raffensperger hatte republikanische Wünsche zürichgewiesen, die Wahl in Richtung Trump zu drehen. Raffensperger und seine Familie stehen wegen zahlreichen Drohungen inzwischen unter Polizeischutz. Dessen ungeachtet griff Trump den Staatssekretär weiter an.
Drohungen gab es unter anderem auch gegen Raffenspergers demokratische Kolleginnen und Kollegen in den Staaten Pennsylvania und Michigan sowie in Nevada und Arizona. Auch der Wahlleiter im größten Bezirk Nevadas, dem Clark County, berichtete von Gewaltandrohungen. Diese hätten nicht nur ihm, sondern auch seiner Familie gegolten, sagte Joe Gloria. Auch viele Wahlhelferinnen und Wahlhelfer, die an den Auszählungen beteiligt waren, berichten von Einschüchterung. In Arizona zum Beispiel hatten nach der Wahl Anfang November Mitglieder einer rechtsradikalen Miliz direkt vor der größten Auszählstelle demonstriert und Einlass verlangt. Weil Arizona das offene Tragen von Waffen gestattet, trugen viele von ihnen unter anderem Pistolen im Halfter um ihre Hüften.
Chris Krebs, Chef des Amts für Cybersicherheit, wurde entlassen, weil er den unwahren Fälschungsvorwürfen entgegentrat. Trump-Anwalt Joe di Genova machte darauf seine Gewaltfantasien gegen Chris Krebs öffentlich:
«Der Typ ist ein Vollidiot erster Güte. Er sollte durch Zerren gevierteilt werden, man sollte ihn in der Dämmerung nach draußen führen und erschießen.»
Selbst wenn di Genova seine Androhung mittelalterlicher Foltermethoden nicht wörtlich gemeint haben sollte – Chris Krebs war nicht der Einzige, der Gewaltandrohungen erhielt, weil er dem Präsidenten widersprach oder Resultate verteidigte, die Trump nicht als Sieger sahen.
Steve Bannon’s Hinrichtungsfantasien
Aufmerksamkeit mit Drohungen hatte auch der einstige Chefstratege und „Breitbart“-Chef Steve Bannon auf sich gezogen. Er hatte vor der Wahl verlangt, den Seuchenexperten Anthony Fauci zu enthaupten und seinen abgetrennten Kopf auf einem Pfahl vor dem Weißen Haus aufzustellen.
Dasselbe solle man mit dem FBI-Chef Christopher Wray tun, der vor der Wahl nicht, wie von Trump verlangt, strafrechtliche Ermittlungen gegen den Sohn Joe Bidens, Hunter Biden, eingeleitet hatte. Hunter Biden stand im Zentrum einer Verschwörungstheorie um angeblich aufgetauchte E-Mails, mit denen Trump seinem Konkurrenten im der Endphase des Wahlkampfs schaden wollte.
Twitter sperrte nach diesen unsäglichen Drohungen Bannons seinen Account.
Anthony Fauci sagte zu derartigen Aussagen, sie seien „nicht das, was man sich erwartet, wenn man die medizinische Ausbildung angeht“. Der Mediziner steht als Folge von Trump’s Verschwörungstheorien seit längerem unter Polizeischutz.
Dass auf solche Worte auch Taten folgen können, zeigte sich im Oktober in Michigan. Dort verhaftete das FBI Mitglieder einer rechten Miliz, die wegen der Corona-Einschränkungen einen Putsch gegen die demokratische Gouverneurin Gretchen Whitmer geplant hatten.
Die Miliz wollte laut der Anklage eine Bombe zünden, Whitmer und hohe Regierungsbeamte „festnehmen“ und sie nach einem Schauprozess hinrichten. Donald Trump hingegen hatte auch nach Bekanntwerden dieses Plans im Wahlkampf noch „Lock her up!“-Rufe seiner Fans gegen Whitmer angefeuert.
Quellen:
Trump-Anwalt will Ex-Mitarbeiter, der Trump widersprach, „vierteilen und erschießen“ (Der Standard)
Wahlbeamter warnt Trump vor Aufwiegelung: «Jemand wird getötet werden» (Spiegel)
Anmerkungen:
Trumps umfassende Verschwörungstheorie vom Wahlbetrug ist ein frontaler Angriff auf die US-Demokratie.
Siehe dazu:
Wahlbetrug / Wahlmanipulation als Unterstellung und Verschwörungstheorie
Trump Donald – ein Meister in der Bewirtschaftung von Verschwörungstheorien
US-Präsidentschaftswahl: Verschwörungstheorien als Quelle von Drohungen
Zu Anthony Fauci:
Rechte Verschwörungstheoretiker nehmen Trumps Corona-Berater ins Visier
Die Entwicklung nach der US-Präsidentschaftswahl zeigt eindrücklich, wie systematisch eingesetzte Verschwörungstheorien ein Klima der Drohungen und Einschüchterungen schaffen können. In einem solchen Klima ist es nur noch ein kleiner Schritt zur Gewalt.