Ein neues Video präsentiert alte Falschinformationen zur Corona-Pandemie als angeblich neue Enthüllungen. Der Film mit dem Titel „Pandamned“ schürt Angst und enthält antisemitische und nicht belegbare, unbegründete oder bereits widerlegte Aussagen. In einem Faktencheck geht der Faktenfuchs von B24 auch auf Aussagen von Daniele Ganser ein, die von Fachleuten als Holocaust-Verharmlosung eingestuft werden.
Das Video mischt einige wenige Tatsachen mit einer Fülle von Falschaussagen. Es stammt vom niederländischen Filmemacher Marijn Poels, der in früheren Videos etwa den Klimawandel in Frage gestellt hat, mit seinen Arbeiten jedoch keine allgemeine Anerkennung fand. Daniele Ganser, ein Stern am Himmel der Verschwörungstheoretiker, vergleicht im Film eine von ihm wahrgenommene Spaltung zwischen Geimpften und Ungeimpften mit dem „Dritten Reich“, in dem die Nazis den Holocaust an den Juden verübten. Die Frage von Poels, ob es so eine Spaltung wie jetzt in der Geschichte schon einmal gegeben habe, bejaht Ganser, um dann wörtlich anzufügen:
«Oder im Dritten Reich Juden und Nazis, da haben die Nazis gesagt, die Juden, das sind Tiere und haben sie vergast. Oder in Kambodscha hat Pol Pot eine Revolution gemacht und hat gesagt, alle, die Brille tragen, das sind die klugen Menschen, das ist die Oberschicht, die müssen wir umbringen, ‚killing fields‘. Das heißt, es gab immer lokal in einzelnen Ländern gab es (sic) Wahnsinn, ist ja Wahnsinn. Aber jetzt ist weltweit Wahnsinn. Also das ist neu, dass eigentlich jetzt in der ganzen Welt diese Spaltung zwischen geimpft und ungeimpft ist und dass die zwei Gruppen wie zwei Armeen gegeneinander ziehen.»
Was sagen Fachleute zu den Aussagen von Daniele Ganser?
Zum Auftritt des Publizisten im Video sagt Pia Lamberty, die Co-Geschäftsführerin des gemeinnützigen Centers für Monitoring, Analyse und Strategie (CeMAS):
«Die Aussagen von Ganser sind geschichtsrevisionistisch und holocaust-verharmlosend, und das ist eine Form des Antisemitismus.» Die Psychologin forscht zu Verschwörungsglauben und ist beim CeMAS auch Expertin für Antisemitismus. Sie führt weiter aus:
«Es ist hochproblematisch, wenn auf die Frage nach einer gesellschaftlichen Spaltung sofort die Schoah kommt – weil es damals nicht um eine Spaltung ging, bei der zwei Seiten einander gegenüberstanden, sondern um einen brutalen Vernichtungs-Antisemitismus, der auch Staatsdoktrin war und zum industriellen Massenmord an Menschen führte.»
„Auch indem Ganser sagte, die Schoah sei lokal gewesen, verharmlose er sie, weil die Schoah kein lokales Ereignis gewesen sei.
Was Daniele Ganser in dem Film sagt, kommentiert Lamberty im Gespräch mit dem Faktenfuchs so:
«Die Logik seiner Aussagen lautet, wenn man es zu Ende denkt: Die Ungeimpften sind die neuen Juden. Solche Aussagen waren auch bei vielen ‘Querdenker’-Veranstaltungen zu hören.»
Sie sieht das auch als einen Versuch, Verbrechen zu instrumentalisieren, um sich selbst als Opfer zu gerieren. „Das Raunen und das Codierte an solchen Aussagen führen das Antisemitische um die Ecke ein, aber es ist nicht weniger gefährlich“, konstatiert die Sozialpsychologin.
Instrumentalisierung der Shoah seit Pandemie-Beginn häufiger
Annette Seidel-Arpacı, die Leiterin der Recherche- und Informationsstelle Antisemitismus Bayern (RIAS), sieht die Aussagen von Daniele Ganser ähnlich:
«Eine solche Instrumentalisierung der Schoah ist seit dem Beginn der Pandemie häufig zu beobachten.»
Bei derartigen Aussagen wie der von Daniele Ganser werde versucht, die Holocaust-Relativierung zu verschleiern, indem man zunächst sagt, dass der Mord an den Juden schrecklich war, um dann aber zu behaupten, dass im Kontext von Corona alles noch viel schlimmer sei. «In diesem Sinne sind solche Aussagen im Kontext von Antisemitismus nach der Schoah zu sehen», erklärt Seidel-Arpacı.
Quelle:
#Faktenfuchs: Dieses Verschwörungs-Video enthüllt nichts (Faktenfuchs Bayerischer Runfunk B24)
Anmerkungen:
☛ Wenn Ungeimpfte mit der Judenverfolgung im Dritten Reich gleichsetzten, wie das im Zuge der Corona-Pandemie immer wieder geschieht, dann ist das hochgradig deplatziert und geschichtsvergessen. Dass der studierte Historiker Ganser sich in diese Richtung äussert, ist sehr befremdlich.
☛ Die „Wochenzeitung“ schildert die Äusserungen Gansers im Film so:
„Der Tiefpunkt ist der Auftritt des Historikers und selbsternannten Friedensforschers Daniele Ganser: Er vergleicht die Behandlung Ungeimpfter mit der Vergasung von Jüdinnen und Juden im «Dritten Reich» und mit dem Genozid in Kambodscha unter Pol Pot. Nur sei die Covid-Situation noch schlimmer, denn der «Wahnsinn» habe in den Fällen von Nazideutschland und den Roten Khmer in einzelnen Ländern stattgefunden, während er in der Pandemie ein weltweites Ausmass angenommen habe.“
Quelle: Müde Pflichtübung (Wochenzeitung)
☛ Zu Ganser siehe auch:
Beitrag zu Daniele Ganser in der Enzyklopädie
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