Für den österreichischen «Standard» berichtet Gregor Mayer aus Budapest über die Bewirtschaftung von Verschwörungstheorien durch Orbán’s Regierung.
Ungarn steht momentan in der weltumspannenden Corona-Krise scheinbar noch gut da. Allerdings wurden auch nur wenige Menschen auf das Virus getestet. Experten gehen deshalb von einer sehr großen Dunkelziffer aus.
Orbán und seine Regierung bewirtschaften aber schon wieder ihre üblichen Verschwörungstheorien.
„Die Seuche haben Ausländer nach Ungarn gebracht“, stellte Ungarn’s Premierminister fest. Zwar ist es richtig, dass die ersten festgestellten Sars-CoV-2-Infizierten Studenten aus dem Iran waren, diese wurden jedoch auch als Erste getestet.
Zurückkehrende Ungarn, die als Touristen oder Gastarbeiter in Oberitalien oder Südtirol unterwegs gewesen waren, und sich auf das Virus testen lassen wollen, wurden dagegen abgewiesen. So entsteht leicht das Bild, das die ungarische Regierung braucht, um die bewährten Feindbilder und Verschwörungstheorien zu pflegen.
George Soros – Lieblingsfeind der Rechtspopulisten
Der Orbán-Propagandist Zoltán Lomnici jr. Verstieg sich noch weiter in Verschwörungstheorien. Er ist einer der Sprecher des sogenannten Forums Ziviler Zusammenschluss (CÖF). Diese Organisation ist eine Ansammlung pseudoziviler Vereine, die von der Orbán-Regierung ausgehalten werden und diese in den Himmel loben. Auf der Facebook-Seite der CÖF schreibt Lomnici jr.:
„Das Virus breitet sich in den Einwanderungsländern schneller aus. Dies gibt der ungarischen Migrationspolitik recht. Damit ist die Theorie der offenen Gesellschaft von George Soros total gescheitert.“
Gregor Mayer schreibt dazu:
«Da nicht bekannt wäre, dass hochinfizierte Länder wie China, Südkorea oder der Iran „Einwanderungsländer“ wären, könnte man das Posting als eher unbeholfenen Propagandaversuch abtun. Es zeigt aber, dass Orbán und seine Leute selbst in dieser Situation nicht damit aufhören können, für die Übel dieser Welt die „illegalen Migranten“ und den liberalen US-Investor George Soros, einen Förderer der Zivilgesellschaft, verantwortlich zu machen.»
Quelle:
Orbán: Ausländer und George Soros brachten Corona nach Ungarn
Im Zitat von Lomnici jr. kommt erneut zum Ausdruck, dass die Rechtspopulisten das Konzept der «Offenen Gesellschaft» offensichtlich missverstehen. Das Konzept geht auf Karl Popper (1902 – 1994) zurück und wird von George Soros unterstützt. Es geht dabei aber insbesondere um eine Gesellschaftsform, die offen ist für Entwicklung auf der Basis demokratischer Entscheide. Die Rechtspopulisten dagegen glauben offenbar, dass es dabei um offene Grenzen geht und phantasieren sich George Soros als den grossen Strippenzieher der Migration.
Siehe auch:
Offene Gesellschaft oder geschlossene Gesellschaft – wohin geht die Reise?
Orbán und seine Regierung zeigen immer wieder, wie Verschwörungstheorien zu politischen Zwecken instrumentalisiert werden können.
Siehe dazu auch:
Die Vorzüge und Instrumentalisierungen von Verschwörungstheorien