Der Deutsche Gewerkschaftsbund hat eine interessante Checkliste zu Verschwörungstheorien veröffentlicht. Sie kommt wie eine Bauanleitung daher, also eine Checkliste dazu, welche Bestandteile es für eine gute Verschwörungstheorie braucht. Natürlich kann man diese Bauanleitung auch nutzen, um Verschwörungstheorien zu erkennen.
Hier die interessantesten Punkte aus dieser Checkliste in modifizierter Form:
☛ Verschwörungstheoretiker schreiben häufig voneinander ab und verwenden gern uralte Quellen, die sich kaum überprüfen lassen. Wer ihre Bücher liest, gewinnt leicht den Eindruck, dass tatsächlich eine Weltverschwörung existiert, weil so viele Autoren immer wieder die gleiche Behauptung aufstellen.
☛ Verschwörungstheoretiker lehnen das gewöhnliche Wissen ab und bevorzugen unbekanntere Varianten. Sie geben ihr Wissen nicht gern preis. Das äussert sich zum Beispiel durch die Verwendung von passiven Verben und unbestimmten Pronomen („sie“ steuern uns!).
☛ Verschwörungstheoretiker wittern an allen Ecken und Enden Heimlichkeit und die Tarnung neuer Verschwörungen. «Sie selbst machen Enthüllungen und erfinden Tabus, die sie wagemutig brechen», merkt der Autor oder die Autorin der Checkliste an.
☛ Der Kern aller Verschwörungstheorien besteht aus einer Weltsicht, für die nur noch nachträglich Begründungen gesucht werden. Verschwörungstheoretiker behaupten zwar: „Wir fragen ja nur“, doch sie haben ihre Antworten längst.
☛ Verschwörungstheorien sind geschlossen und haben auf alles schon eine Antwort. Offene Fragen gibt es nicht mehr.
☛ Verschwörungstheorien variieren im Verlauf der Geschichte immer wieder dieselben Kernthesen. Zu ihren Lieblingsthemen zählen Geheimbünde und jüdische Weltverschwörungen.
☛ Verschwörungstheorien schotten sich ab gegen Gegenbeweise. Kommen Beweise ans Licht, die der Verschwörung widersprechen, sind das für Verschwörungstheoretiker nur Indizien für die Verschwörung. Taucht ein Zeuge auf, der der Verschwörung widersprich, ist er bestimmt von den Verschwörern gekauft.
☛ Im Gegensatz dazu gibt es aber eine beinahe unkritische Akzeptanz jedes Arguments, das auf eine Verschwörung hindeutet.
☛ Verschwörungen gelten der Verschwörungsgläubigen als der eigentlich treibende Motor der Geschichte. Zufälle und Fehler, existieren dagegen nicht mehr. Alles folgt einem bestimmten Plan.
☛ Verschwörungstheorien gehen davon aus, dass nichts ist wie es scheint. Der äußere Schein trügt also durchgehend. Was wir wahrnehmen, ist deshalb nicht die Realität, glauben die Verschwörungstheoretiker. «Denn reale Personen sind für sie nur Stellvertreter und Marionetten für höhere Mächte und ihre angegebenen Ziele sind nur Tarnungen für geheimbündlerische Interessen», heisst es in der Checkliste des DGB.
☛ Das Verschwörungsdenken ist absolut und akzeptiert keine Kritik: Jeder Widerspruch wird sogleich zum Teil der Verschwörung umgedeutet.
☛ Verschwörungstheorien geben denen, die sie vertreten, das Gefühl besonders schlau zu sein, zu den wenigen zu gehören, die die wahren Regeln der Welt erkennen Verschwörungstheoretiker empfinden sich deshalb als «Aufgewachte» – im Gegensatz zu den «Schlafschafen», welche die wahren Zusammenhänge noch nicht durchschauen.
☛ Verschwörungstheoretiker vermuten hinter allem eine dunkle Macht! Dabei inszenieren sie ein Macht-Ohnmacht-Verhältnis, bei dem sie immer Opfer sind (siehe: Opfermythos / Selbstviktimisierung).
☛ Es existieren keine anderen Handlungsgründe mehr, außer diejenigen der Macht.
☛ Wer einen Gewinn aus einem Ereignis zieht, muss es selbst auch verursacht haben. So jedenfalls die verrkürzte Logik der Verschwörungstheoretiker (Siehe dazu: Cui bono?).
☛ Hinter dem vorgeblichen Denken an andere (Altruismus, Engagement) steht nur eine besonders hinterhältige Form von Egoismus.
☛ Hinter einem Ereignis ohne Planungsstab steckt eine besonders raffinierte, geheime Steuerung.
☛ Verschwörungstheorien neigen zur Personalisierung, sie machen einzelne Personen oder Personengruppen für „das Böse“ verantwortlich. «Das Böse bekommt somit Name und Adresse!», heisst es in der Checkliste.
☛ Verschwörungstheorien pflegen eine polarisierte Weltsicht. Darin existieren nur noch Gegensätze wie es gut / böse, wir / sie, schwarz / weiß. Dabei werden oft Wesensbehauptungen aufgestellt im Sinne von „Sie sind einfach so“.
In dieser zugespitzten Logik gebe es einen Trend zu existentiellen Alternativen und zu letztendlichen Lösungs- und Erlösungsvorstellungen, erklärt die «Checkliste», und nennt als Beispiele: „Sieg oder Untergang“, „Endkampf“, „wir oder sie“, „es ist fünf vor zwölf“. Der katastrophische aufgedreht-hysterische Stil ist dabei im Kontext von Verschwörungstheorien völlig normal.
☛ Verschwörungstheorien sind geprägt von einem stereotypen Freund-Feind-Denken. Vermeintliche Freunde sind dabei in Wirklichkeit geheime Feinde und vermeintliche Feinde Freunde. Zudem werden ganz unterschiedliche Feinde zu einer einheitlichen Feindgruppe zusammengedacht, gegen die dann mit einer Art Gegenverschwörung vorgegangen werden soll. Das Ziel kann bei diesem Vorgehen die absolute Macht der Gegenverschwörer sein und die Vernichtung der Verschwörung und ihrer Träger. Nicht selten werden die Menschen auf diesem Weg von der Notwendigkeit einer starken Hand gegen die übermächtigen Verschwörer überzeugt. «Argumentiert wird zwar im Namen von Gerechtigkeit und Demokratie, der Weg dorthin soll aber ein autoritärer sein», warnt die «Checkliste».
Quelle:
Sie sind hinter dir her: Verschwörungstheorien – eine Checkliste (DGB)